Von Elchen zu Rochen

Jetzt

Schaukel, schaukel, in der Küche wird übers Frühstück gesprochen- „wir brauchen noch Popkorn für die Überfahrt!“ sagt Aritz gerade. In Leinenhose und Tshirt sitze ich auf dem Katamaran der uns über den Atlantik bringen soll.

Rückblick

Ihr merkt- wir haben unseren Lauf gegen die Zeit gemeistert. Sechs Tage hatten wir Zeit um uns auf unsere Rucksäcke zu reduzieren und das Universum hat uns den Weg geebnet. Zum Beispiel hat sich als einzige Interessentin eine junge Frau gemeldet um das Auto anzusehen. Als sie in ihrer Mail geschrieben hat, dass sie einen Van sucht um diesen Sommer ins Yukon Territorium zu fahren hatten wir gleich ein gutes Gefühl. Und tatsächlich hat sie, nach einer Besichtigung und vielen Empfehlungen fürs Yukon Territory, uns Hermione abgekauft. (Alles was es braucht ist ja nur eine einzige Person, dass es die dann aber gleich wird, ist schon recht glücklich.)

Ich hätte gedacht, dass mir der Abschied von Hermione schwer fallen wird, aber weil sie an jemanden so nettes gegangen ist, weiter Abenteuer erleben kann und wertgeschätzt wird ging es dann für Chris und mich doch recht leicht.

All unser Hab und Gut auszusortieren hat einige Zeit in Anspruch genommen: was soll nach Hause gehen, was darf weiterhin mitkommen, was soll weggegeben werden.

Ich gehe meine prall gefüllte Dokumentenmappe durch und sie versetzt mich zurück in Geschichten unserer Reise, ich stolpere über die Deportationspapiere aus Aserbaidschan, Passfotos mit Kopftuch im Iran, die Sri lankischen Führerscheine, chinesische Rechnungen und Visumsanträge für die USA.

Letztlich reisen 32kg Gepäck nach Hause, ein Großteil davon meine Handpan und unsere Packrafts.

Die übrige Zeit bei unserer workaway Stelle in Nord Vancouver füllen wir mit arbeiten: wir kochen für die Familie, putzen mit Shyl das Haus, Chris gibt Gartenratschläge und wir gehen mit den Hunden spazieren.

Flugbuchen, Covidtest und Bahama Visum beantragen sind die letzen Punkte auf unserer To-Do Liste. Weil wir so lange in Kanada waren fühlt es sich an wie vor fast vier Jahren, als wir auf zu dieser langen Reise in die Welt aufgebrochen sind.

Hallo Atlantik

Sonntag Mittag stehen wir am Flughafen in Nassau und nehmen ein Taxi zur Marina in der der Katamaran Madrigal V liegt. Palmen ziehen an uns vorbei, warmer Wind weht durch die offenen Fenster im Auto. Vom Flugzeug aus haben wir schon kleine Inseln und klares, türkises Wasser gesehen. Es ist so unwirklich hier zu sein. Vor einer guten Woche hatten wir doch noch frischen Schnee in Dome Creek!

In der Marina lernen wir dann Lauren, Aritz und Javier kennen, die bisherige Crew auf dem Katamaran. Die drei sind seit Dezember hier und segeln ihre Klienten durch die Bahamas, tauchen mit Haien, Rochen und bieten Kitesurfen an. Aritz ist unser Kapitän, 36 Jahre alt und hat schon acht Atlantiküberquerungen hinter sich.

Lauren und Javier werden nun andere Wege gehen, dafür kommt Mark dazu, 30 Jahre, Kapitän in Ausbildung. Das ergibt uns vier als Crew, ein erfahrener Segler und Automechaniker, ein Jurist, ein IT‘ler und eine Hebamme – hört sich an wie der Anfang eines Witzes.

Aber wir haben von Anfang an eine gute Dynamik auf dem Boot: beim Steuerkabel austauschen, Inventarlisten schreiben, Hauptsegel aufhängen, einkaufen für vier Wochen.

Es ist super heiß hier, 25 Grad Celsius nachts und weit mehr tagsüber, unsere Körper müssen sich an diesen Temperaturunterschied erst gewöhnen. Alles ist etwas surreal, die extremen Unterschiede zu unserem Leben in Kanada und nun eine Atlantiküberquerung auf einem Segelboot. Aber wir sind super motiviert für diese Erfahrung hier, mit diesen Menschen.

Also, wir melden uns von Europa aus wieder. Dann mal Mast- und Schotbruch,

– Johanna

P.S: es hat euch alle bestimmt schon unter den Fingern gebrannt zu erfahren was mit meinem Sauerteig Maja passiert ist – der wird mit uns den Atlantik überqueren und uns mit leckerem Brot versorgen.

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