Home Creek

Da der letzte Eintrag schon einen Monat zurück liegt, fange ich bei Weihnachten an zu erzählen.
Den 24. Dezember feiern wir dieses Jahr nicht. Wie in Nordamerika üblich werden erst am Morgen des 25. die Geschenke geöffnet. Es ist für uns ungewohnt, dass, nachdem alle Geschenke ausgepackt sind, es erst hell wird. Normalerweise ist es dann schon Zeit langsam müde zu werden und sich mit vollen Bäuchen auf die Couch zu legen. Aber dieses Jahr nicht. Die vollen Bäuche gibt es aber trotzdem. Nach dem Pfannkuchenfrühstück folgt ein Verdauungsspaziergang über den zugefrorenen See und ab Mittag ist die Küche in Hochbetrieb. Für die nicht-vegetarische Fraktion macht Nick Truthahn, Schinken und in Bacon gemantelte Würste. Chris und ich steuern Semmelknödel bei. Dazu gibt es Brotsauce von Nick, Rosenkohl, Karottenpüree und und und.

Dieses Jahr haben wir also wieder ein „normales“ Weihnachten. 2017 haben wir Weihnachten im Iran verbracht. Außer dem Telefonat mit der Familie haben wir dort Weihnachten nicht gefeiert. 2018 wurde es dann ein bisschen feierlicher mit Anna, Ilja, Miri und Simon in Thailand, aber die Palmen und 30°C waren ungewohnt. Heuer bedeckt eine dicke Schneeschicht die Landschaft und Kaitlyns Innendeko lässt uns richtig weihnachtlich zumute werden.

Silvester verbringe ich mit kochen während draußen ein Iglu gebaut wird. Es gibt abends Gemüsequiche mit Salat von Chris und als Nachspeiße einen ungebackenen Philadelphia-Kuchen. Mhhh, das kommt gut an. Den Abend verbringen wir mit Manu (dem anderen workawayer aus Deutschland) und Nick mit stundenlangem Pantomime spielen. Rückblickend wundert es mich, dass die Kinder trotz des schallenden Gelächters durch geschlafen haben. Beim Jahreswechsel um 24 Uhr stehen wir dann draußen, über uns ein toller Sternenhimmel und wir hören keinen einzigen Laut. Stille. Das ist richtig schön. Die Raketen und Böller vermissen wir alle in diesem Moment nicht.

2020- Ein neues Jahr(-zehnt). Was uns das neue Jahr wohl bringen wird? Keine Ahnung. Aber ich bin mir sicher, dass es toll wird. Wir fragen uns jedes Jahr an Silvester, wo wir den nächsten Jahreswechsel feiern werden, aber vergessen meistens was wir im Jahr zuvor vermutet haben. Ich glaube, wir hatten in Thailand gedacht, dass wir in Nordamerika sein werden. Und nächstes Jahr? Vielleicht in Europa oder doch noch Lateinamerika? Scherzhaft fügt Chris hinzu, dass es vielleicht auch immer noch Kanada sein könnte.

Die letzten vier Wochen hier haben wir relativ wenig zu arbeiten, weil der Schnee tief ist und wir somit nicht wirklich im Wald arbeiten können. Wir kochen viel, gehen oft mit den Kindern raus, versorgen die Hühner, füllen Feuerholz im Haus auf und schneiden Bäume in Stücke, die wir im Herbst gefällt haben und spalten sie anschließend. Zweimal durften wir Ski- bzw. Snowboarden gehen. Weil Nick in einem Skigebiet arbeitet durften wir gegen eine Stunde am Lift arbeiten kostenfrei den ganzen Tag die Pisten nutzen und uns die Sachen ausleihen.

Die letzte Woche vom 11.-16. Januar wurde dann noch richtig kalt. Meistens hatten wir bisher -20°C bis 0°C, da kann man gut draußen sein. Letzte Wochen hatten wir dann aber Nachts drei Tage mit -40°C und tagsüber nur -30°C. Da saßen wir alle nur im Haus und haben die Feuer am laufen gehalten. Weil es hier eine trockene Kälte ist, sind aber selbst solche Temperaturen für kurze Zeit gut auszuhalten. Erst fühlt es sich an, als würde man gegen eine Kältewand laufen, aber nach dem ersten Schock geht es. Nur wenn man mal z.B. die Handschuhe ausziehen muss, tun die Finger in weniger als einer Minute schmerzhaft weh. Aber länger draußen bleiben wird unangenehm. Den Hühner hat die Kälte gar nicht gefallen. Zwar ist deren Hütte isoliert und sie haben zwei Wärmelampen drinnen, aber viel bringt das leider nicht. Das Wasser mussten wir dreimal täglich auswechseln, weil innerhalb von ein paar Minuten nur noch ein Eisklotz vorhanden war und die paar Eier, die noch gelegt wurden, waren tiefgefroren.

Nachts konnten wir dann die Bäume knallen hören. Frostrisse passieren, wenn der Temperaturunterschied zwischen dem Inneren und Äußeren des Baumes zu groß ist. Dann gibt es einen Knall und der Baum hat einen großen Riss in der Rinde, was ihm aber anscheinend nichts ausmacht. Wenn der Knall neben einem passiert, hört es sich an wie ein Gewehrschuss. #SchießereiImWald

Inzwischen haben wir 0°C, richtig sommerlich. Irgendwie ist es verrückt, dass wir innerhalb von einer Woche 40°C Temperaturunterschied haben.

Und jetzt, ist es Zeit Abschied zu nehmen. Kaitlyns Babybauch ist inzwischen groß und sie steuert auf den Entbindungstermin zu. Ab Mittwoch sind ihre Eltern hier um die Familie zu unterstützen und so wird es Zeit für uns „Auf Wiedersehen“ zu sagen. Und ich hoffe wirklich, dass es ein Wiedersehen geben wird. Eigentlich haben wir auf der Reise schon gelernt uns zu verabschieden, weil wir es einfach dauernd tun müssen, aber gerade wenn wir lange an einem Ort sind, ist es immer wieder echt schwer. Wir haben hier viel, viel lernen dürfen und können reich an Ideen weiterziehen. Wir haben hier Freunde gefunden und ein Zuhause für diese vier Monate gehabt.
Und eine riesige Portion Dankbarkeit tragen wir in unserem Herzen.
Jeder Abschied ist auch ein Hallo. Ein Hallo an jeden und alles, der und das uns auf unserem Weg begegnen wird.

Unsere Hermione, die den Winter tapfer überstanden hat, wird uns jetzt Richtung Süden bringen. Einige Wochen wollen wir noch in Kanada verbringen, bevor es Ende März über die Staaten nach Mexiko gehen soll.

Danke, dass ihr unsere Reise weiterhin mit Interesse verfolgt, ein frohes, gesundes Jahr wünschen wir Euch,

Bis bald

– Johanna


Hier ein Zusammenschnitt von unserer Waldarbeit in Amateurqualität.