Wege finden

Die ersten drei Wochen im Januar gehen nur so dahin. Bei Lydia geben wir der Küche einen neuen Anstrich, wir bekochen allabendlich die Familie mit Gerichten die wir auf unserer Reise in unser Repertoire genommen haben – es ist eine sehr ruhige Zeit. Ich merke, dass ich langsam wieder eine Aufgabe brauche, ein Projekt zum daran arbeiten. Das Wetter erlaubt kaum Aktivitäten draußen- es stürmt und regnet am laufenden Band.

Als der Wetterbericht dann doch mal zwei Tage ohne Regen ankündigt packen wir unsere Rucksäcke und leihen uns Schneeschuhe von Willow und Lydia und gehen im Strathcona Provincial Park zelten. Die Sonne scheint, um uns herum liegt meterhoch Schnee aber mit den Schneeschuhen sinken wir kaum ein. Anfangs begegnen uns noch einige Leute die auch das gute Wetter nutzen, dann wird es leerer. Wir laufen über einen großen zugefrorenen See und folgen Skispuren. Eigentlich hatten wir geplant an einem kleinen See im Hinterland zu zelten, aber die Skispuren führen uns auf den Mount Elma hinauf und da wir heute wandern um des Wanderns Willen und nicht um an ein Ziel zu kommen, sind wir glücklich die Nacht auf dem Berggipfel zu verbringen, mit Blick auf das in der Nacht erleuchtet Skigebiet. Sobald die Sonne untergegangen ist wird es eisig kalt. Alles friert ein- selbst die Wanderschuhe, die feucht geworden sind. Aber aneinander gekuschelt in den Schlafsäcken mit der extra Decke ist es schön warm. Am Morgen müssen wir für unser Grießbrei-Frühstück Schnee schmelzen, alles Wasser in den Flaschen ist eingefroren.

Ende Januar nehmen wir schweren Herzens Abschied von Willow, Lydia, Finn und Elias und mieten uns mit Anna und Ilja für eine Woche ein Haus im Osten von BC. Wir machen uns zunehmend Gedanken darum, wie unser Reiseleben weitergehen soll. Genau wie Anna und Ilja haben auch wir das Gefühl, dass unsere Reise gerade ausgebremst wird. Dafür ist einerseits der kanadische Winter verantwortlich aber vor allem die globale Situation, die das Unterwegs Sein inzwischen fast unmöglich macht. Anna und Ilja haben vor in Kanada zu bleiben und die Zeit zu nutzen um zu arbeiten. Chris und ich wollen nach über 1 ½ Jahren Kanada, die wir absolut genießen, das Gefühl weiterziehen zu müssen. Wenn wir jetzt nach dieser langen Pause nicht langsam weiterziehen, wäre die Alternative uns ein Leben in Kanada aufzubauen. Uns zieht es aber nach Europa. Wir würden gerne bis an die Ostküste mit dem Auto fahren und ein Schiff finden, dass uns nach Island oder an die europäische Westküste bringt. Da Kontainerschiffe in diesen Zeiten keine Passagiere mitnehmen bleibt uns nur das Fliegen, um den Atlantik zu überqueren – das trauen wir uns mit den Packrafts doch nicht ganz zu.

Um die kürzeste Strecke zu nehmen, wollen wir nach Island fliegen, denn von dort gibt es eine Fähre nach Dänemark. Mitte Januar schauten wir nach Direktflügen von Kanada aus und tatsächlich finden wir welche von Toronto nach Reykjavik. Um allerdings nach Toronto zu kommen müssten wir durch Manitoba fahren, wo es derzeit eine 14 tägige Quarantänepflicht gibt. Zwei Wochen später schauen wir noch einmal nach Flügen und stellen ernüchternd fest, dass inzwischen alle Direktflüge von Kanada nach Island gestrichen wurden.

Wir entscheiden, dass es derzeit keinen Sinn macht uns zu informieren wie wir nach Island kommen sollen, denn innerhalb der nächsten zwei Monate können sich von Provinzregeln über Flugangebote zu Einreisebestimmungen alles ändern.

Deshalb ist unser Plan erst einmal wieder zu unserer Basis nach Dome Creek zu fahren. Der weitere Weg wird sich ergeben, so wie bisher auch.

Ganz liebe Grüße und Sonnenschein aus den Rockys

-Johanna