Pausenzeit

Jetzt ist ein neuer Artikel mal wieder fällig, nachdem wir seit einem Monat nicht von uns haben hören lassen. Das liegt aber daran, dass wir weiterhin auf der workaway Stelle Mitten im kanadischen Wald sind und so vor uns hin leben, ohne dass etwas großartiges passiert. Aber hin und wieder gibt es dann doch etwas zu berichten:

Anfang November regnete es viel, aber es hatte immer Temperaturen um den Gefrierpunkt. Also frohr dann nachts oft der Regen ein und die Straßen wurden super rutschig. Als wir von einem zweiten Wochenendbesuch bei Sandi (die wir bei den Liard Hot Springs kennen gelernt haben) zurück fahren, kommen wir an einem Auto vorbei das im Graben liegt. Wir halten an um zu helfen, dabei schlittern wir die letzten Meter beim bremsen. Dem jungen Fahrer geht es gut, aber es gibt kein Mobilfunknetz auf der Strecke hier. Das nächste Auto kommt aber bald und fährt auch in seine Richtung und nimmt ihn bis zum nächsten Telefonsignal mit. Wir schleichen dann weiter mit 60 km/h den Highway entlang. Randnotitz: Noch einen Monat später liegt das Auto noch im Graben.


Wir sind nur ein Wochenende weg und ich vermisse schon die Hunde, die sich immer freuen wenn wir raus gehen und gern durch gestreichelt werden und das freudige, energiegeladene „Hey Monin“ von Frances und Stephen, wenn wir verschlafen morgens aus dem Zimmer kommen.

So richtig ist der Winter letzte Woche dann angekommen. Mit nächtlichen Temperaturen von -20°C und gearbeitet wurde dann bei -10 bis -15°C tagsüber. Das hört sich nach wirklich kalt an, aber es fühlt sich nicht so kalt an. Hier habe ich gelernt wie groß der empfundene Unterschied zwischen feuchter und trockener Kälte sein kann. Am Montag hat es dann endlich angefangen richtig zu schneien. Über Nacht gab es 20 cm Neuschnee, jetzt leben wir hier wie im Bilderbuch… Der Holzofen prasselt neben uns, der See ist zugefroren und die Bäume und Berge in der Ferne sind dick mit Schnee bedeckt.


Nachdem wir hier aber das letzte Haus mit Stromanschluss sind bekommen wir auch immer die Stromausfälle ab, wenn Äste auf die Leitung fallen. Im letzten Monat ist das drei Mal vorgekommen- voÜber unsere weiteren Plänen 30 Minuten bis zu 24h. Chris und ich genießen die Stromausfälle aber sehr. Einerseits erinnern sie uns an unsere Zeit in Nepal, wo Stromausfälle Tagesprogramm waren und es macht uns bewusst wie angenehm Strom das Leben macht – fließend Wasser, Toilettenspülung, Herd und Licht. Am Tag des langen Ausfalls kochen wir nachmittags Aloo Paratha (indisches Brot mit Kartoffeln gefüllt) auf dem Holzofen. Den Abend verbringen wir bei Kerzenschein mit anregenden Diskussionen und ohne Smartphones.


Dadurch, dass wir hier so lange schon in diesem kleinen Dorf abseits vom Schuss leben hat sich auch meine Sicht auf so ein abgeschiedenes Leben geändert. Denn wir bekommen langsam mit, wie schwierig es hier ist, Geld zu verdienen, weil es hier halt einfach kaum Jobs gibt. Außerdem wird es kompliziert werden, wenn die Kinder ins Schulalter kommen, denn die nächste Schule ist 1 1/2h einfach von hier entfernt genauso wie der nächste Supermarkt und das nächste Krankenhaus. So musste Nick einen Tag warten bis er zum Zahnarzt fahren konnte. Denn an dem Tag an dem er sich seinen Zahn gebrochen hat, die Straßenverhältnisse so schlecht waren, dass er es nicht pünktlich vor Feierabend nach Prince George geschafft hätte. Dafür ist die Natur um uns herum einfach fantastisch und ich habe seit einem Monat Dome Creek nicht verlassen… Und mir geht nichts ab.
In den letzten Wochen haben wir u.a. Bäume gefällt, diese dann zerschnitten und entastet um sie dann zu stapeln, damit sie nächstes Jahr weiterverarbeitet werden können. Ich genieße dieses Privileg von workaway sehr, Dinge zu lernen, die ich in Deutschland im Alltag nicht lernen würde aber trotzdem benutze. Zum Beispiel als wir in Japan Reis ernten oder eben ein Verständnis dafür zu bekommen, wie viel Arbeit darin steckt simples Feuerholz zu machen – ganz abgesehen davon wie viele Jahre an Energie der Baum in sich investiert. Die Bäume fällen wir, damit eine größere freie Fläche entsteht auf der Gemüse angepflanzt werden kann und Tiere gehalten werden. Auf lange Sicht will Nick sich und seine Familie selbst versorgen.

Über unsere weiteren Pläne

Den ganzen Oktober über haben wir versucht Wege über den Pazifik zu finden, die in unser Budget passen und Fliegen nicht beinhalten. Leider wurden wir nicht fündig. Deshalb werden wir leider nicht an Amits Hochzeit in Indien im Januar teilnehmen können. Dann haben wir über die Alternativen nachgedacht – wie es weitergehen soll. Mitte Dezember durch die USA düsen, davor das Auto in Vancouver verkaufen und im Januar in Mexiko sein oder doch einen kanadischen Winter erleben?

Nachdem aber unser kanadisches Visum Mitte Dezember ausläuft müssten wir das erst verlängern. Aber mit den ersten kalten Tagen wurde für uns immer klarer, dass wir uns nach Schnee sehnen. Also haben wir online unser Visum verlängert und dürfen jetzt so lange bis es abgelehnt oder bewilligt wird in Kanada bleiben. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit beträgt aber derzeit 116 Tage und wir haben es bis Ende März verlängert, also mal sehen ob wir ein Ergebnis bekommen bevor wir ausreisen.

Bis Mitte Januar dürfen wir mindestens hier bei Nick bleiben. Ende Januar hat Kaitlyn dann Entbindungstermin und wir werden einen neuen Platz suchen um für Kost und Logis zu arbeiten, bis wir dann im Frühjahr unsere Reise Richtung Süden fortsetzen. Daher auch der Titel, denn gerade fühlt es sich an wie Pause machen. Wir genießen es sehr, die Arbeit und die nette Gesellschaft, den Komfort eines warmen Heimes das für uns jetzt unser kanadisches Zuhause ist.

Weil bald Familienbesuch kommt müssen wir vorübergehend unser Zimmer räumen. Deswegen werden wir die nächsten zwei Wochen in einer kleinen, gemieteten Hütte westlich von Prince George verbringen und die Tage mit lesen und Co verbringen, bis wir kurz vor Weihnachten wieder zurück kommen werden.

Ich wünsche euch allen eine entspannte und harmonische Vorweihnachtszeit (zumindest an diejenigen die Weihnachten feiern) und ganz liebe Grüße aus Kanada

– Johanna