Nach vier Nächten in Eugene, wo wir mit guter Gesellschaft und leckerem Essen verwöhnt wurden, sagen wir schweren Herzens „Auf Wiedersehen“ zu den Adkins und machen uns wieder auf den Weg Richtung Norden. Es ist immer wieder faszinierend Leute kennen zu lernen, die wir noch nie zuvor gesehen haben, zu mindest nicht in diesem Leben, und uns trotzdem miteinander sehr verbunden fühlen- das macht aber auch den Abschied immer schwer, aber ist es hier wahrscheinlicher, dass wir uns wieder sehen, weil es für Amerikaner dann doch leichter ist nach Deutschland einzureisen als z.B. für Iraner.
Wir radeln von Eugene zur Küste nach Florence, wo uns das Meer wieder begrüßt, mit Sanddünen und Nadelwäldern und wirklich heftigem Gegenwind. Zwei Mal falle ich fast vom Radl, so stark ist er. Weiter geht es dann vorallem durch Wälder, die nehmen uns etwas vom Wind ab und früh morgens ist er glücklicherweise noch nicht so stark. Bis nach Astoria, wo wir nach einer Woche radeln einen Pausetag machen, brauchen wir etwa eine Woche. Astoria ist eine nette, kleine Stadt, der Markt am Sonntag gefällt uns besonders gut und nach einer Woche radeln tut die Dusche immer richtig gut 😉
Dann geht es über den Columbia River über eine wirklich lange Brücke, denn der Fluss ist 6km breit, in den Washington Staat. Wir versuchen Strecke zu machen, landschaftlich ist es schön, aber nicht super abwechslungsreich, wir fahren 60-100km pro Tag. Einmal machen wir eine Nachtfahrt- ab 2:30Uhr sitzen wir auf den Rädern, es ist eine besondere Erfahrung, denn wir sehen nur so weit wie unsere Lichter reichen, über uns der große Sternenhimmel, wir hören nur die Geräusche der Nacht und fahren in den Sonnenaufgang hinein.
Zeltplätze finden wir immer leicht, die Wälder sind wunderschön, an einem verregneten Tag suchen wir nach einem Nachtquartier, gehen einen Meter durchs Dickicht und der Wald öffnet sein Wohnzimmer für uns: alles ist trocken, denn die Nadelbäume halten den Regen gut ab, die Bäume sind mit Moos bewachsen und der Boden so weich, dass wir teilweise einsinken.
Und nach einer knappen weiteren Woche kommen wir am 14. Juni in Port Angeles an, es liegen mehr als 1500km geradelte Kilometer hinter uns, unsere Beine sind mit Muskeln bepackt, die Kamera voller schöner Landschaftsaufnahmen und im Gepäck Erfahrungen von interessanten, inspirierenden Gesprächen mit U.S.-Amerikanern, die Hoffnung für die Zukunft geben, aber uns auch erklärt und gezeigt haben, was für Aufgaben die jüngeren Generationen anpacken müssen, denn dass die meisten jungen Leute zehntausende Dollar pro Studienjahr zahlen und somit tief verschuldet ins Berufsleben starten ist nicht nur für uns unverständlich, genauso wie die nicht vorhandenen Krankenversicherungen für jedermann und vieles mehr.
So und nun, sind wir nach fast zwei Jahren reisen in Kanada angekommen, lange wollten wir hier her, doch auf der Reise hat dieses Land uns eher die Richtung gewiesen als ein festes Ziel verkörpert, aber dennoch sind wir jetzt hier und glücklich. Bei der Einreise wurden wir lange vom Grenzbeamten befragt, weil wir ein Visum für 6 Monate haben wollten, er hat viele Fragen gestellt um sicher zu gehen, dass wir Kanada auch wieder verlassen, aber alles auf eine ganz angenehme Art und Weise, es war eher wie ein nettes Gespräch als ein Verhör, so wie es damals bei der Ausreise aus Russland ablief.
Wir sind auch hier in Victoria wieder bei einem netten, sehr gastfreundlichen Pärchen über warmshowers untergekommen und sind nun auf der Suche nach einem Auto, mit dem wir die nächsten Monate Kanada erkunden wollen, auch hoch rauf in den Norden soll es uns bringen, wir werden sehen.
Ich schicke liebe Grüße in die Welt
– Johanna