Rennen gegen die Zeit

Wir sind in Vancouver. Bei der workaway Stelle bei der wir den November verbracht haben.
Sonntag Abend geplant, Montag Abend da.
An einem Tag 850 km in den Süden gerast.

Zurück aber nach Dome Creek von wo wir den letzten Artikel veröffentlicht hatten. Der Schnee schmilzt langsam, doch jeden zweiten Morgen liegt wieder eine neue Schicht am Boden… es ist zum Haare raufen, wartet hier doch jeder auf den Frühling. Nachdem wir ein weiteres Zimmer fertig renoviert haben verbringen wir einige Tage draußen, Bäume in Längen schneiden, splitten und Feuerholzlieferungen zu den Nachbarn fahren. Es tut richtig gut wieder mal draußen zu arbeiten. Chris werkelt zwischendurch am Truck und Traktor weiter, repariert ein Ölleck an unserem Auto und baut die Sägemühle zusammen. Naja, soweit möglich, denn ein entscheidendes Teil kommt bis zu unserer Abreise nicht an und so lernen wir leider den Prozess vom Stamm zum Brett nicht kennen. Ich verbringe dann doch wieder ein paar Tage im Keller, verputze, schleife und streiche den Gang. Zwischendurch schlüpfen kleine Babyhühner, die ersten des Jahres.

Wir hatten uns eine Deadline für den ersten April gesetzt. Doch der erste April rückt näher und näher und trotzdem wissen wir nicht wie wir nach Europa reisen wollen. Natürlich könnten wir einfach nach Deutschland fliegen, aber das Ziel ist bei uns nicht das Ziel sondern der Weg. Stark beeinflusst durch Bauchgefühl entstehen Pläne, werden Pläne verworfen, neue Pläne kommen auf: mit dem Zug nach Toronto oder doch mit dem Auto um dann nach Island zu fliegen?

Aber ich habe Lust auf Wärme, Neues, andere kulturelle Umgebungen. Mexiko? Nee. Nach Spanien fliegen? Super langer Flug- ist das unwelttechnisch vereinbar? Also doch Island? Aber da ist es noch kalt und halt eher wieder nordisch. So aktualisiert Chris eines Abends unser Profil auf „find a crew“, eine Website auf der Kapitäne ihre Crew finden können und umgekehrt. Am nächsten Morgen bekommen wir eine Anfrage von einem deutschen Kapitän der von Florida über Spanien nach Griechenland segelt. Wau! Und da ist es plötzlich wieder, dieses kribbeln im Bauch auf die Aussicht etwas komplett neues, vielleicht etwas waghalsiges zu tun, Aufbruchstimmung, Vorankommen und die Aussicht auf Sonne und Fremdes. Wir schreiben zurück, dass wir große Lust hätten, trotz unseres Unwissens übers Segeln. Der Kapitän antwortet, dass er sich im Laufe der nächsten Tage melden wird zum telefonieren. Und dann warten wir.

Zwischenzeitlich reisen Holly und Francesco weiter zu einer neuen Workawaystelle nachdem sie sieben Monate und einen langen Winter in Dome Creek verbracht haben. Sie gehen uns richtig ab.

Die Tage vergehen ohne dass wir etwas neues hören. Auf erneute Mails bekommen wir keine Antwort. Also werden wir doch wieder aktiv, erstellen uns Profile auf anderen Segelplattformen und verschicken Anfragen.

Sonntag, der 11. April kommt, das Auto ist gepackt, wir wollen zu Anna und Ilja fahren um sie in Kanada noch einmal zu sehen. Morgens bekommen wir eine Anfrage von einem Kapitän, der von den Bahamas nach Spanien segeln wird. Aber schon am 20. April losfahren will. Das ist in 9 Tagen.

Wir verabschieden uns von unseren liebgewonnenen Nachbarn Walter und Diana und genießen den letzten Tag hier, inmitten der Wildnis. Zwischendurch fällt der Strom aus, also müssen wir den Generator anschalten um dann um 17 Uhr mit dem Kapitän zu telefonieren. Er hat den Atlantik schon 8 mal überquert und macht Charterfahrten. Da die Saison im Golf von Mexiko zu Ende ist wird er den Katamaran nach Spanien übersetzen um dort weiterzuarbeiten. Und wir dürfen mitfahren. Also sagen wir zu. Und ändern unsere Pläne um 180 Grad: anstatt morgen zu Anna und Ilja zu fahren werden wir 850km nach Vancouver durchprügeln, hoffen, dass wir unser Auto innerhalb von 4 Tagen verkaufen und werden uns auf unsere Rucksäcke verkleinern um dann am 17. April einmal quer über die USA zu den Bahamas zu fliegen.

Nun denn, wünscht uns Glück, dass wir das alles inklusive 72h sau teurer Coronatest hinbekommen.

Wir melden uns in ein paar Tagen wieder.

Ganz liebe Grüße aus Vancouver

– Johanna