Japan Fazit

Die letzten Tag habe wir bei James verbracht. Wir haben ihn in Russland auf unserer ersten Voluntärsstelle, genau vor einem Jahr, kennen gelernt, er war selber 10 Wochen per Anhalter in Japan unterwegs und hat so begeistert davon berichtet, dass letztlich er der Grund ist weshalb wir hierher gereist sind. Vor vier Monaten haben wir ihm eine Mail geschrieben, ob er uns nicht in Japan begleiten möchte. Seine Antwort kam ein paar Tage später, er verneinte eine gemeinsame Reise, weil er nun in Japan lebt und als Englischlehrer arbeitet. So haben wir ihn wieder getroffen.
Nach ein paar Tagen fragt er uns, ob wir uns vorstellen können in seiner Highschool einen Vortrag auf Englisch über unsere Reise halten zu können. Davon haben wir tatsächlich schon häufiger fantasiert, wie es wohl wäre vor vielen Leuten unsere Reise vorzustellen. Wir sagen zu und bereiten eine Präsentation vor.
Insgesamt halten wir den Vortrag sechs mal, in zwei verschiedenen Schulen, vor Klassen von 6 bis 40 Schülern und im Alter von 15-18 Jahren. Es hat viel Spaß gemacht, auch wenn die letzten Vorträge etwas ermüdend waren, immerzu die selben Geschichten zu erzählen, so müssen sich also Lehrer fühlen.
10 Tage waren wir bei James und wir hatten eine fabelhafte Zeit zusammen.

88 Tage werden wir in Japan zum Zeitpunkt der Abreise gewesen sein, so lange wie in keinem anderen Land davor. Trotzdem habe ich Japan nicht in mein Herz geschlossen. Die wunderbare Natur und die vertraute Strukturiertheit wie in der Heimat hätten gute Anfangsbedingungen sein können, aber der Funken ist nicht übergesprungen. Das Land ist einfach widersprüchlich – es ist in einer Weise widersprüchlich die mich mit Vertrautem lockt aber dennoch ein anderes Gesicht versteckt. In China oder Indien habe ich auch vieles nicht verstanden, es war aber so weit weg, so viele Schichten zwischen mir und dem Unbekannten, dass ich es eher als Zuschauer abnickte, wie ein Zoobesucher vor dem viel zu kleinen Löwengehege.
Vielleicht helfen Beispiele um es zumindest nachzuvollziehen. Im öffentlichen Leben dominieren hauptsächlich alte Männer das Bild. Sie arbeiten in Berufen, welche es wohl so in keiner anderen Industrienation mehr gibt. Beispielsweise werden Baustellen von menschlichen Ampeln gesteuert. Männer mit Fahnen stehen Stunden lang am Straßenrand um eine Fahne zu heben sobald ein Auto vorbei fährt, um vor einem Stauende zu warnen. Postboten laufen mit diesem speziellen japanischen Lauf um ihre Briefe zu verteilen. Diesen Lauf sieht man häufig, es ist etwas zwischen joggen und gehen, unwesentlich schneller als gehen, aber es sieht so aus als würden sie sich anstrengen, als würden sie wirklich fleißig arbeiten. Vieles dreht sich darum anderen zu gefallen, der Norm zu entsprechen, selber zurück zu stecken und mehr zu arbeiten als notwendig oder gut für einen wäre. So ist es unhöflich die Arbeit vor dem Chef zu verlassen.
Am meisten hat mich das fehlende Umweltbewusstsein gestört. Alles ist doppelt und dreifach in Plastik eingepackt. Es gibt 15g eingeschweißten Käse oder einzeln eingeschweißte Karotten. Lose Waren gibt es so gut wie gar nicht und Gemüse ist teurer als Fisch oder Fleisch. Die Familien haben meist nur ein Kind, trotzdem wird ein 7-Sitzer-Schlachtschiff angeschafft.

 

Dennoch hatten wir eine gute Zeit. Japan ist ein sehr sicheres Land, wir konnten z.B. unser Zelt unbewacht in einem Park stehen lassen und die Umgebung erkunden. Über 90 Autos haben uns mehr als 5700km durch Japan mitgenommen, dabei hatten wir durchweg nette und sehr hilfsbereite Fahrer. Das Trampen hat so gut geklappt wie in keinem anderen Land zuvor, selten warteten wir länger als 20 Minuten für eine Fahrt.

 

Unsere Pläne haben sich nun dahingehend verändert, dass wir mit dem Flugzeug nach Thailand weiterreisen. Wir vermissen das chaotische Leben. Etwa zwei Monate wollen wir in Südostasien bleiben und dann Anfang des neuen Jahres nach Nordamerika weiterzureisen. Die Entscheidung Landweg oder Flug hat uns sehr lange beschäftigt, letztlich haben zu viele Gründe für den Flug gesprochen, unter anderem hätten wir einen Umweg über Südkorea in Kauf nehmen müssen um das chinesische Visum zu beantragen um dann China auf der Nord-Südachse einmal zu durchfahren.

Nun bis dahin aus neuen Gefilden.

– Chris