20 Jahre Urlaub

Die letzte Woche habe ich nicht wie geplant in Mexiko verbracht. Eigentlich wollte ich die Halbinsel Baja California entlang fahren, habe aber nach gründlicher Recherche und kritischer Selbsteinschätzung doch davon abgesehen. Die Tour wäre sehr anspruchsvoll, hügelig und mit langen Passagen ohne Wasser. Das traue ich mir und dem noch neuen unbekannten Rad nicht zu.

Alternativ bin ich Richtung Arizona ausgewichen. So zumindest der Plan. Nach dem ersten Tag, 80km bergauf und starken Knieschmerzen habe ich auch diesen verworfen und bin umgedreht.

Letztlich war ich etwas über eine Woche auf einer Volontärsstelle bei einer netten Familie mit sehr großem Grundstück in den Bergen, östlich von San Diego. Meine Aufgaben dort waren hauptsächlich handwerklich, überall gab es etwas zu streichen, reparieren oder aufzubauen.

 


 

 

Nach ziemlich genau 19 Monaten sehe ich jetzt meine Mama wieder. So viel Zeit ist vergangen, aber dann ist es doch, als hätten wir uns letzte Woche erst gesehen. Nachdem wir sie gemeinsam vom Flughafen abgeholt haben, verabschiedet sich Chris und wir machen uns zu zweit mit einem Mietwagen auf den Weg. Es werden zwei wundervolle Wochen, mit viel zelten und draußen sein, Natur spüren und Seelennahrung. Anfangs sind wir in Encinitas, das liegt 40km nördlich von San Diego. Der dortige Campingplatz liegt direkt an der Küste, täglich sehen wir auf der einen Seite des Platzes die Surfer im Meer auf Wellenjagd und nebenan auf der Straße Jogger und Radlfahrer. Bisher präsentiert sich die USA sehr fitnessorientiert und mit weniger übergewichtigen Menschen als das Klischee vermuten lässt.

Uns begegnen einige Aussteiger, jeder mit seiner eigenen Geschichte, die in ihren Vans wohnen und wahre Lebenskünstler sind. Die Tierwelt offenbart sich uns mit Delfinen und täglich einer Reihe Pelikane die in Augenhöhe vor uns dahin gleiten.
Weiter ziehen wir in die Wüste, zum State Park Anza-Borrego, wo Chris und ich schon eine Nacht mit Jeff verbracht haben. Leider ist der Campingplatz schon voll, es ist bereits dunkel als wir ankommen, also fahren wir weiter Richtung eines „primitiv campsite“, wo es maximal Toiletten gibt, aber kein fliesend Wasser oder ähnliches. Wir sehen einige Wohnwägen am Straßenrand stehen und klopfen bei einem an (die Wohnwägen hier haben die Größe von Reisebussen und sind teilweise zu den Seiten hin erweiterbar, oftmals wird auch ein PKW hinterher gezogen). Der Besitzer erzählt, dass man sich hier im State Park überall hinstellen und übernachten kann, das sei einmalig für einen State Park. Also zelten wir ein paar Tage wild und genießen die wunderbare Natur hier. Wahnsinn.

Die Wüste sieht so anders aus als das letzte Mal als wir hier waren. Es ist grün und alles sprießt vor Leben. Es wachsen x- verschiedene Blumenarten, jede einzigartig und schön. Die Berge sehen in jedem Licht unterschiedlich aus und die Landschaft ändert sich um jede Kurve. Es ist auch interessant für mich, mit jemand anderem zu zelten und andere Herangehensweisen kennen zu lernen. Das Leben hier wird besonders durch die Regenfälle angetrieben, dieses Jahr sind sie wohl besonders stark, so erzählt man uns mehrmals. Nachts wird es außerdem noch empfindlich kalt, um die 7°C hat es dann, dafür wird es tagsüber sehr sehr warm. Also wird halt am Abend geduscht mit dem aufgewärmten Wasser von tagsüber.

Zwei Nächte verbringen wir auf einem schönen ruhigen Campingplatz nördlich von L.A., davor wurden wir von einem ruppigen Ranger, der vermutlich eine Militärausbildung genossen hat, um 20Uhr trotz aufgebauten Zelt und Regen von einem State Park Parkplatz vertrieben… Na gut, die Zwangsumsiedlung beschert uns dann aber besagten Campingplatz mit sonniger Wanderung und vielen fotogenen Vögeln.

Nachdem wir Chris in San Diego bei seiner workaway-Stelle abholen fahren wir zurück nach Anza-Borrego, denn die Stille und farbenfrohe Wüste hat uns in ihren Bann gezogen. Wieder sieht sie anders aus, irgendwie noch grüner. Wir machen zwei Wanderungen, eine durch einen Canyon den man wohl besser nicht bei Regen begeht, aber die unterschiedlichen Gesteinsschichten schön zeigt, Schatten spendet und ein bisschen krakseln beinhaltet. Die Nächte sind etwas unruhig, da die letzten Zwei ein ziemlich starker Wind geht und die Zelte doch recht laut sind unter diesen Umständen.

Und nun sind die drei Wochen schon wieder vorbei, so wertvoll sie waren.
Chris und ich sind gerade bei warmshower Gastgebern in San Diego untergekommen, wo wir ein bisschen unsere Räder justieren, zu mindest die Sachen die uns auf dem Weg von Los Angeles hierher aufgefallen sind und werden am Sonntag den langen Weg Richtung Norden, dem Frühling folgend, aufmachen und Jeff in L.A. nochmal besuchen (warmshowers ist eine Platform für Radlfahrer, ähnlich wie couchsurfing).

 


 

Nun sind wir schon fast 600 Tage unterwegs oder 20 Urlaubsjahre – wie uns heute bewusst wurde.

Liebe Grüße von einer schattigen Bank aus San Diego

– Chris & Johanna

 

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