Ankommen!?

Unser letzter Artikel ist schon lange her, entschuldigt bitte.
Um die Wahrheit zu sagen, fällt es mir teilweise schwer auf den Blog zu gehen. Die Reise fühlt sich weit weg an, gleichzeitig werden wir oft danach gefragt, dann flammt dieses kleine Freudenfeuer auf und erlischt gleich wieder im Alltagstrubel.
Die erste Woche zurück in München sehen wir fast alle unsere Bekannten, Freunde und lieben Menschen die wir zum Großteil seit 4 Jahren nicht mehr gesehen haben. Schönerweise fühlt es sich nie an, als würden uns die Jahre trennen, eher ist es als hätten wir uns ein paar Wochen oder Monate nicht gesehen. Als wir auf Erkundungstour durch München radeln sehen wir neue Gebäude, neue Straßenführungen, alte Restaurants und Läden in denen wir waren. Es hat sich einiges verändert und vieles nicht.

Nach einer Woche fahren wir nach Fürstenzell, das unsere neue Heimat werden soll. Wir überraschen Chris´ Mama zu ihrem Geburtstag und lernen in der folgenden Woche die Mitarbeiter des Hotel/Seminarhauses kennen. Von Tag Eins an sind wir hier willkommen und werkeln mit, Chris macht viel in der IT, strukturiert und organisiert. Ich spiele den „Springer“, erledige hier und dort Aufgaben die anfallen. In den folgenden Wochen pendeln wir zwischen München und Fürstenzell: in München gehen wir durch all unsere Kartons, die vier Jahre eingelagert waren. Interessant, was wir alles besitzen, an das wir in den vier Jahren nicht ein einziges Mal gedacht haben. Ich wusste nicht, dass ich damals ein Bienennest eingepackt hatte ?

In Fürstenzell bereiten wir zusammen mit dem Koch die Küche für die Hygieneinspektion vor, die wir erfolgreich bestehen und somit offiziell dort kochen dürfen. Unsere Aufgaben sind so vielseitig, dass es sich anfangs wie eine neue Workaway- Stelle anfühlt, diesmal nicht so sehr handwerklicher Natur als organisatorischer. Es ist interessant so einen Ort von der Basis aus mit aufzubauen.

Mitte Oktober besuchen uns Anna und Ilja. Unsere Reisefreunde sind im Juli 2021 nach Hause gekommen, somit machen wir ähnliche Gemütsphasen bezüglich der Heimkunft durch. Jetzt sehen wir uns nach vier Monaten wieder und sehen deutlich: als wir Anfang Juli die spanisch-französische Grenze überschritten waren wir nicht zu viert, sondern schon zu fünft. Wir freuen uns sehr über den Zuwachs von Anna und Ilja.

Ende Oktober ziehen wir dann mehr oder minder dauerhaft nach Fürstenzell. Wir haben beide in der Zeit in München gemerkt, dass wir absolut nicht mehr in einer Stadt leben möchten. So grün und schön München auch ist, es ist zu viel los und ich finde selbst das Fahrrad fahren in München anstrengend, weil man auf so viele Dinge konstant achten muss- Fußgänger, Autofahrer, Verkehrsschilder, etc. Hier in Niederbayern tickt die Uhr noch etwas langsamer. Wir ziehen also in unsere erste gemeinsame Wohnung, je nachdem ob man unser Auto Hermione mitzählen möchte oder nicht. Es macht Freude die Wohnung einzurichten, ich bin ständig auf ebay Kleinanzeigen und ersteigere Dinge, die uns noch fehlen. Bald merken wir allerdings auch die Nachteile dessen, direkt neben der Arbeitsstelle zu wohnen: wir sind immer verfügbar, immer ansprechbar. Es ist eine neue Aufgabe für uns, uns rauszunehmen und Grenzen zu ziehen, denn es gibt immer etwas zutun.

Ende Oktober kommen uns unsere lieben Freunde Holly und Francesco besuchen. Sie waren noch bis Anfang August in Kanada und haben die letzten drei Monate in Francescos Heimatstadt Bologna gelebt. Geplant war, dass sie bei uns workaway machen und wohnen. Uns verbinden viele gemeinsame Tage in Dome Creek- Bäume fällend, kochend, zusammen Yoga machend. Aus den geplanten drei Wochen werden glücklicherweise mehr, denn an dem Tag an dem wir ankommen verlässt uns überraschend unser Koch.

Wie praktisch, dass Francesco sich bereit erklärt einzuspringen und gleich das Menü und die Einkäufe plant und dann mit Bravour für die anstehenden Events kocht. Wir helfen ihm in der Küche und merken dadurch noch mehr, wie sehr wir durch seine Erfahrung und sein Wissen beschenkt sind. Holly hilft im Housekeeping, im Garten und bei Bedarf in der Küche. Sie wohnen in unserem Gästezimmer und es ist richtig schön die beiden hier zuhaben, so viele Erinnerungen die uns verbinden und die neuen die hier geschmiedet werden. Aber es ist nicht alles rosig, denn wir merken wie arg die Arbeitslast uns strapaziert.

Wir verbringen die meiste Zeit arbeitend, deshalb dauert es einige Wochen bis alle Kartons ausgeräumt sind und so richtig zu Hause fühlen wir uns doch noch nicht. Wir kommen kaum raus aus unserer Blase hier, die Menschen im Haus sind toll, aber wirklich etwas anderes als das Hotel haben wir hier noch nicht gesehen. Im ersten Monat schaffen wir es gerade zwei Mal nach Passau (die nächst größere Stadt). Gleichzeitig schätzen wir uns sehr glücklich hier ein relativ freies Leben führen zu können, wo der Rest des Landes vom Lockdown und andern Maßnahmen geknechtet wird. Die globale Lage, die Spaltung der Menschen und das zunehmende Unrecht verdüstert des öfteren den Blick in die Zukunft, doch gerade das bewirkt ja das Gegenteil von Heilung.

Anfang Januar gibt es dann eine große Veränderung für uns und zwar hat sich unsere Familie um einen vierpfotigen Begleiter erweitert: Lilly, Stand heute: 13 Wochen alt, Schäferhund-Boxer-Labrador-Mix ist bei uns eingezogen und bringt noch mehr Leben in unsere vier Wände. Wir lernen uns gerade erst kennen und ich finde die Parallelen von Menschenkleinkind zu Welpen sehr witzig.

Außerdem wohnen Anna und Ilja inzwischen nicht mehr 700km sondern nur noch 8km von uns entfernt, was wir sehr genießen. So ist ein Teil der letzten vier Jahre immer Nah, besonders in unserem Herzen, aber richtig Zeit und Ruhe um die Reisejahre zu verarbeiten haben wir bisher noch nicht gefunden, dabei gibt es Ideen genug. Wer weiß was kommt, der Wandel ist sicher. Ich kann leider nicht sagen wann es den nächsten Blogeintrag geben wird, aber ich bin zuversichtlich dass es ihn geben wird, bloß nicht wann.

Sollte es einmal Fotoshows oder gar ein Buch über unsere Erlebnisse geben werden wir hier darüber informieren. Heute scheint nach langem Nebel mal wieder die Sonne draußen, wir wollen heute Lilly mal ins Packraft setzten und mit ihr auf einem See paddeln, mal sehen ob das klappt.

Liebste Grüße und positive Energien in die Welt und Danke für euer Interesse

– Johanna und Chris